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Sonntag, 17. August 2014

Sunday Roast

Weil heute Sonntag ist, möchte ich euch eine sonntägliche britische Tradition vorstellen, den Sunday Roast. Der Sonntagsbraten ist in vielen Familien Pflicht und wird zudem in vielen Pubs und Restaurants angeboten. Gegessen wird er zwischen mittags und abends, meistens dient er als Hauptmahlzeit am Nachmittag.

"Den" Sunday Roast gibt es nicht, aber allen gemeinsam ist Fleisch, Gemüse und andere Beilagen, die man aus Deutschland eher nicht kennt. Dazu gehört zum Beispiel der Yorkshire Pudding, der ein bisschen nach Eierkuchen schmeckt und wie ein explodiertes Sofakissen aussieht. Kartoffelbrei gehört auch oft dazu oder Bratkartoffeln (nur echt zweifach in Gänsefett geröstet!). An Fleisch wird alles Mögliche aufgetischt, in Pubs hat man meist die Wahl zwischen Schwein, Hühnchen, Rind, Lamm oder eine vegetarische Option. Als Gemüse gibt es (meist gedünstete) Mohrrüben, Brokkoli, Erbsen, Blumenkohl, Rüben, Pastinaken, und, und, und – je nach Saison. 

Schweineroast mit knusprigem Schweinebauch, Rübenmus, Rotkohl, Mohrrüben und Soße
Huhn mit Yorkshire Pudding (das Ungetüm oben drauf, das wie panierter Blumenkohl aussieht), kleinen Würstchen im Speckmantel, Rosmarinfüllung (die Scheiben links) und Brotsoße
Gemüse gibt es manchmal separat dazu zum Selbernehmen
Die englische Küche ist ja traditionell sehr fade und kalorienreich, das gilt auch für dieses Gericht. Aber ist es nun mal allgegenwärtig und gehört sonntags einfach (manchmal) dazu. Außerdem ist es echt interessant, wie viele Variationen sich die Pubs so ausdenken, überall sieht man andere Zusammenstellungen, von traditionell bis experimentell.


Safaripark Port Lympne

Vor einigen Wochen haben wir den Safaripark Port Lympne (spricht sich "Lym") in Kent, Südostengland, besucht. Die Bahngesellschaft Southeastern schmeißt oft Rabattangebote für Attraktionen in Kent, wenn man mit der Bahn dorthin fährt. Für Port Lympne gab es 2 Tickets zum Preis von 1 (was sich bei 24 £ schon lohnt).

Drei Anläufe haben wir gebraucht: Am ersten Samstag war es schon so spät, dass sich das Losfahren nicht mehr gelohnt hatte. Am zweiten Samstag sind wir extra früh aufgestanden und saßen schon im Bus zum Bahnhof, als es auf einmal so zu schütten anfing, dass wir wieder umgedreht sind, weil der Wetterbericht für den Tag nicht besser wurde und wir uns dachten, dass Tieregucken im Schlamm nicht so prickelnd ist (selbstverständlich blieb es bei der morgendlichen Husche und den Rest des Tages war allerschönster Sonnenschein). Eine Woche später, am Sonntag, hat es dann endlich geklappt.

Wie es war? Na ja. Der Tag hat sein Bestes getan, um uns die Stimmung zu vermiesen. Das fing an mit der umständlichen Anreise – eine halbe Stunde mit dem Schnellzug von Stratford nach Ashford und dann eine Dreiviertelstunde weiter mit dem Bus Richtung Hythe zum Wildpark und dann dort noch eine Viertelstunde Fußmarsch bis zum Eingang.

Wie ich den Park selber fand, weiß ich selbst noch nicht. Ich bin hin- und hergerissen zwischen Abzocke und Paradies. Die Gehege sind zum größten Teil sehr schön gestaltet, was aber auch bedeutet, dass man nicht viele Tiere zu Gesicht bekommt. Das wäre auch gar nicht so schlimm, wenn wenigstens darauf hingewiesen würde. Stattdessen stehen nur traurige verblichene Infotafeln herum und man läuft sich einen Wolf (no pun intended, außerdem war das Wolfsgehege sowieso leer), stellt am Ende des Weges fest, dass das Gehege leer ist und muss alles wieder zurücklaufen, weil die Wege so umständlich gestaltet sind.

Beim Herumirren im Regen entdeckt: Eines der Gorilla-Freigehege (man beachte die Rutsche).
Leider schaute nur mal kurz ein Gorilla vorbei, trollte sich aber recht schnell wieder.

Die Freigehege, die sie haben, sind dafür umso schöner. Es gibt einen riesigen Safaribereich, wo sich viele Pflanzenfresser wie Giraffen, Zebras, Antilopen und Nashörner tummeln. Dort wird man mit offenen (lauten und stinkenden) LKWs durchgekarrt. Theoretisch auch mit Kommentaren, aber die Mikrofonanlage war nicht zu gebrauchen und schnarrte und rauschte nur. Trotzdem hatten wir wohl riesiges Glück; andere Bewertungen des Parks im Internet beschwerten sich über ewige Wartezeiten, die wir glücklicherweise nicht hatten.

Der wirklich tolle Safaribereich; vorne eine Herde Streifengnus, dahinter einige Steppenzebras
Mit solchen Knattergefährten wird man durch die Gegend gekarrt

Am Nachmittag fing es dann richtig fies an zu regnen. Wir waren mit Wanderstiefeln und Schirmen gut vorbereitet, darum war das nicht so schlimm. Es führte jedoch auch dazu, dass sich noch mehr Tiere verkrochen.

Stummelaffen, die dem Regen trotzten

Die Krönung war dann noch die Rückfahrt. Die Busse zwischen Port Lympne und Ashford fuhren nur alle 2 Stunden und über den Fahrplan waren sich Internet und Bushaltestelle irgendwie nicht einig. Zum Abschluss standen wir also ewig an einer trostlosen Hauptstraße herum und warteten auf einen Bus.

Port Lympne besteht seit 1976 und wird, wie sein Schwesternpark Howletts Wild Animal Park, von der Aspinall Foundation betrieben. Die Nachzucht und Auswilderung von Wildtieren spielt eine große Rolle, so gibt es in Port Lympne die größte Spitzmaulnashornpopulation außerhalb Afrikas.

Eines der vielen Spitzmaulnashörner des Parks

Wenn ich die tripAdvisor-Bewertungen richtig interpretiere, wurde das Konzept 2010 umgestellt. Davor konnte man den gesamten Park zu Fuß erkunden und gegen Aufpreis an der Safaritour teilnehmen. Heute ist der Eintritt teurer und die Safarifahrt ist im Preis inbegriffen. Stattdessen sind jetzt weite Teile des Parks nicht mehr für Fußgänger zugänglich und man ist auf die LKWs angewiesen. Auch das große Herrenhaus mit Ziergarten in der Mitte des Parks ist nicht mehr für Besucher zugänglich, dieses wurde als Hotel umfunktioniert und kann nur noch für Veranstaltungen gemietet werden, sehr zum Ärger der Stammbesucher.

Dass man nicht viele Tiere sah, ist geschenkt. Das Wohl der Bewohner muss an erster Stelle stehen und keine Tiere zu sehen ist natürlich besser, als wenn sie in viel zu kleinen Käfigen an die Scheiben gezerrt werden. Aber ein Ausgleich wäre nett gewesen: Fotos und "persönliche" Informationen über die Tiere wären schön und Hinweisschilder, wo gerade welche Tiere untergebracht sind, sollten schon sein. Ich habe mehrmals an "Wilde Kreaturen" denken müssen, diesen Film mit John Cleese und Jamie Lee Curtis, in dem sich die Tierpfleger aus Geldmangel selber als Tiere verkleiden.

Manchmal kam einem das schon ein bisschen wie Schikane vor und trotz des hohen Eintrittspreises hat man als Besucher das Gefühl, nicht erwünscht zu sein. Es wird nur das Nötigste getan, um Gäste bei Laune zu halten und alles ist irgendwie extra umständlich, obwohl es nur so kleine Dinge wie eine bessere Beschilderung bräuchte. Wenn sie sich damit mal nicht die Besucherzahlen (und Finanzierung ihrer Projekte) kaputt machen. Alles in allem war es ein schöner Ausflug, aber ich habe mir so viel mehr erhofft, schade! Bloß gut, dass wir nur den halben Preis gezahlt haben.

Viele Tiere haben wir ja leider nicht zu Gesicht bekommen und wenn, waren sie meistens ganz weit weg, nur ein verstecktes Fellbündel unter einem Baum oder so untergebracht, dass man nur Gitterstäbe auf dem Foto hatte. Die meisten Fotos sind während der Safarifahrt entstanden, aber da die Fahrzeuge nie anhielten, hat man immer nur einen kurzen Blick erhaschen können.

Tiger

Geparden bei der Fütterung
Kurz gesehen: Elefantenkuh mit Kalb
Schildkröte und Erdmännchen


Strauße gab's auch
Die Gorillas waren an dem Tag im Innengehege untergebracht
Guinea-Paviane kuscheln gegen den Regen an
Familie Waldhund schaute mal kurz zur Tür hinaus
Links Paviane, rechts Nashörner – auf gute Nachbarschaft

Mittwoch, 13. August 2014

Newham City Farm

Wenn man keine Zeit für einen Ausflug aufs Land hat, muss eine der Stadtfarmen als animalischer Quick Fix herhalten. Am vorletzten Samstag war zum ersten Mal die Newham City Farm ganz im Osten Londons dran. 1977 gegründet, ist sie eine der ältesten Londoner Stadtfarmen. Hier einige Bewohner:

Alpakas

eine Einhornziege
goldene Schafe
Ponys
Hühner und die hübscheste Eselin der Welt
ganz viele Kaninchen
(Lauf-)Enten
Puten
Katzen 
Ferkelchen


noch puscheligere Katzen
noch mehr Kaninchen

Kälber
trächtige Minikühe 
Pferde in allen Größen und Farben
Shire-Horse-Hengst Blaze
neuseeländische Kunekune-Schweine
englische Terrorschweine
"Es ist 14:51 Uhr, das Essen sollte schon lange hier sein, Skandal!"

"Huuuuunger!"


Ziegen. die kniend fressen

Dienstag, 12. August 2014

Mein Fahrrad ist tot, lang lebe mein Fahrrad!

Was war das für ein Schock letzte Woche am Sonntagabend. Da geht mein Liebster nichts ahnend in den Fahrradraum, um sein Rad fit für die nächste Woche zu machen, und kommt mit einem durchgesägten Schloss wieder hoch: Mein Fahrrad ist weg!

Da haben sich doch tatsächlich irgendwelche Spinner Zugang zu unserem Fahrradraum verschafft – Zutritt nur mit Transponder – und meins und noch mindestens ein anderes Rad mitgenommen, obwohl es mit zwei Schlössern angeschlossen war. Bei meines Liebsten Rad haben sie versucht, das Schloss durchzuschneiden, sind aber gescheitert.

Das Drama kennen wir aus Magdeburg schon und haben uns entsprechend wenig Hoffnung gemacht.
Am selben Abend haben wir es noch bei der Polizei gemeldet. Die haben zwei Telefonnummern, eine für Notfälle und eine für anderen Kram. Die Dame hat den Vorfall aufgenommen und wollte dann in den nächsten 48 Stunden noch jemanden vorbeischicken. Am selben Abend (ich meine, es war schon nach 22 Uhr) rief dann sogar noch jemand an und wollte am Montag mal gegen 20 Uhr vorbei schauen.

Am Montagabend kam ein Police Constable vorbei und hat sich alles angesehen. Er war wirklich sehr hilfsbereit und engagiert. Außerdem hatten wir noch Plakate aufgehängt, in der Hoffnung, jemand hätte etwas gesehen.
Diese Hoffnung hat sich Dienstagmorgen tatsächlich bewahrheitet. Nachbarn aus unserem Haus hatten bei ihrer Hunderunde ein entsorgtes Fahrrad im Kanal hinter unserer Bahnhaltestelle bemerkt. Unser Plakat (mit Foto) hat sie darauf gebracht, dass es sich um dasselbe Rad handeln könnte. Sie meldeten sich also bei uns und schickten uns ein Bild von der Fundstelle.



Was war geschehen? Die Junkies haben das Schloss, das am Ständer befestigt war, durchgeschnitten und soweit aufgebogen, dass sie das Rad wegtragen konnten. Im Gebüsch wollten sie dann versuchen, die Schlösser ganz ab zu machen. Da hatten sie aber nicht mit Abus-Qualität gerechnet: Sie haben mein armes Fahrrad komplett zerwürgt, die Schlösser aber haben gehalten. Daraufhin haben sie es dann (sicher total frustriert) in den Kanal geschmissen.


Das Rad hat wirklich sehr gelitten, rausgerissene Speichen, ein verborgener Pedalarm und einige Schürfwunden. Dazu hat es einige Tage im Wasser gelegen. Die Reparaturen könnten gut und gerne 400 £ verschlingen. Aber besser als weg, nech?





Mal sehen, was die Geschichte noch für ein Nachspiel hat. Auf unser Poster hin meldeten sich nämlich einige Nachbarn, die von geklauten Fahrrädern und schulterzuckenden Concierges berichteten. Und das kann ja wohl nicht sein. Da werden wir der Hausverwaltung mal ein bisschen auf die Füße treten, dass sich da besser gekümmert wird. Vor allem müssen die öffentlich zugänglichen Türen repariert werden, die sind nämlich alle irgendwie angeschlagen und leicht zu überwinden. Da hatten wir noch Glück, dass es sich anscheinend um Gelegenheitsdiebe handelte, die von Tuten und Blasen keine Ahnung hatten (und nicht wussten, dass man auch aus Fahrradteilen Geld machen kann).

Der zuständige Polizist war dafür sehr nett. Wenn man ihn denn erreicht hat. Eigentlich sollte die Polizei am Dienstag beim Bergen helfen und versprach, in den nächsten 2 Stunden einen Kollegen vorbeizuschicken. Leider war dann bis zum nächsten Tag Funkstille und mein Liebster hat das Rad dann mit Hilfe eines Baumarkt-Seils aus dem Wasser gezogen. Am Mittwochabend kam dann zufällig noch mal der erste Polizist vorbei, weil ich die Aussage noch unterschreiben musste. Er war dann total überrascht, dass mein Rad wieder aufgetaucht ist und entschuldigte sich, dass diese Info gar nicht an ihn herangetragen wurde.

Fortsetzung folgt.